Neue Heimat – Zürich – Kathi’s Geschichte
Ich bin Kathi Keinstein – Chemikerin und Bloggerin auf www.keinsteins-kiste.ch . Dort gebe ich euch Einblick in die Natur für alle Sinne und zeige euch, wie ihr sie selbst erforschen könnt. Hier gewähre ich euch für einmal einen ganz persönlichen Einblick: Ich bin nämlich von Deutschland in die Schweiz eingewandert.
Das schien die Natur anfangs gar nicht gutzuheissen. Macht euch, mit meinem Vater und mir auf den sibirisch-winterlichen Weg. In ein wahres Naturparadies und erfahrt, wie wir mit Hilfe der Physik, den Widrigkeiten der kalten Jahreszeit getrotzt haben!
Vorteile der Schweiz als Auswanderer Land
Auswandern – raus aus dem heimatlichen Alltagstrott und in einem anderen Land leben und arbeiten – wer hat nicht schonmal davon geträumt? Die Schweiz erweist sich dabei gerade für Deutsche und Österreicher als attraktives Ziel: räumliche Nähe, gute Verdienstaussichten, niedrige Sprachbarriere…
Und doch habe ich mir lange nicht vorstellen können, meine Geburtsheimat am Niederrhein zu verlassen. Dass ich es dann doch getan habe und ausgerechnet in der Schweiz gelandet bin, ist der Liebe geschuldet. Der Liebe zu meinem Schweizer Lebensgefährten und zu der atemberaubenden Natur. Es ist eine wunderschöne Landschaft, die sich hier, am Ufer des Zürichsees gleich vor der Haustür entfaltet.
Ein weiter See, umgeben von herrlichen Naturschutzgebieten, die grünen Obstwiesen und Hügel des Voralpenlandes. Gerade einmal eine halbe Stunde Anfahrt an den Rand des Hochgebirges. Das alles gehört zu einer perfekten Umgebung für Natur-Entdecker und Geniesser.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Auswanderung in die Schweiz
Für Bürger der Europäischen Union bzw. der europäischen Freihandelszone EFTA ist das Einwandern in die Schweiz übrigens vergleichsweise einfach. Dank der Personenfreizügigkeit. Was du als deutscher oder österreichischer Staatsbürger dazu brauchst, sind einzig ein Job (oder Vermögen, um für dich selbst zu sorgen) und eine Bleibe.
Der einfachste Weg ist, zuerst Arbeit zu finden, denn hierzulande bewirbt man sich in Konkurrenz mit anderen um eine freie Wohnung. Dabei ist ein gesichertes finanzielles Auskommen ein mehr als willkommener Pluspunkt. Wer allerdings mutig ist oder wie ich den Vorteil eines einheimischen Partners mit gesichertem Einkommen hat, darf offiziell bis zu drei Monate auf Jobsuche im Land weilen.
Nachdem ich im April 2009 endlich mein Fachstudium abgeschlossen hatte, bin ich mehrfach in die Schweiz gefahren. Dort habe ich mit meinem Partner, Reto, Wohnungen besichtigt Bis wir eine gemeinsame Wohnung gefunden hatten, wurde es allerdings Dezember. Und der Dezember 2009 war in ganz Mitteleuropa so richtig knackig kalt.
Mein Weg in die Schweiz
Am 19.12.09 sollte es schliesslich losgehen. Zwischen Neuss am Niederrhein nach Pfäffikon im Kanton Schwyz liegen rund 500 Kilometer Fahrstrecke, über die nebst mir meine persönlichen Besitztümer und einige Haushaltsgegenstände aus der einstigen Studentenbude transportiert werden mussten. Papa, immer um die Sicherheit seiner Töchter besorgt, bot sofort an, einen Kleintransporter zu mieten und auch zu fahren. So hatten wir in diesem Dezember nicht nur Weihnachtsgeschenke, sondern vor allem Umzugskisten gepackt und verladen und ein banges Auge auf die Wetterprognose gerichtet: Sibirische Nachttemperaturen bis um die -20°C in ganz Deutschland, tagsüber nicht viel besser. Immerhin lag kein Schnee, und in der Fahrerkabine des Transporters gab es eine Heizung.
Unterstützung von der Familie
Da wir an einem Tag durchfahren wollten, ging es früh los – gegen 6 Uhr morgens damit, im Dunkeln das Eis von den Autoscheiben zu kratzen. Dann hiess es – eingehüllt in warme Kleidung – den dampfenden Atem anhalten. Würde der Dieselmotor bei diesen Temperaturen anspringen? Er tat es – und so konnte die Reise in einen neuen Lebensabschnitt losgehen.

Verkehrschaos und sibirische Kälte
Unser Weg führte nach Süden, zunächst über Köln und Bonn… und mit dem Erwachen der weihnachts-einkaufswilligen Rheinländer bahnten sich Schwierigkeiten an: Je mehr der Verkehr zunahm, desto langsamer kamen wir voran. Und je langsamer der Motor unseres Transporters zu laufen hatte, desto mehr Mühe bekundete er damit, auf Temperatur zu bleiben. Die sibirische Kälte ringsumher war nämlich nichts anderes als ein umfassender Mangel an Wärmeenergie – und die Natur ist darauf erpicht, solchen Mangel wann immer möglich auszugleichen.
„Wenn der Motor abstirbt, bekomme ich ihn nicht mehr an.“ Kathi’s Vater wird nervös
Während die Verbrennung des Diesels normalerweise genügend Energie liefert, um sowohl Vortrieb zu liefern als auch den Verbrennungsvorgang selbst am Laufen zu halten, betätigte die Thermodynamik sich an diesem Tag als fleissiger Vampir. So wurde die Wärme regelrecht aus unserem Motor hinausgesaugt. Mein besorgter Blick haftete an der Motor-Temperaturanzeige, deren Nadel sich so weit nach links neigte, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. „Wenn der Motor ausgeht“, meinte Papa, „bekomme ich ihn wahrscheinlich nicht mehr an.“
Doch unsere Fahrt schien unter einem guten Stern zu stehen. Der Stau löste sich auf, bevor unser treues Gefährt endgültig einfrieren konnte. Und erstmal ordentlich auf Touren gebracht, bewies der Motor schnell, dass er durchaus in der Lage war, sich selbst zu heizen.
Angespannte Fahrt bei Minusgraden
Bald liessen wir Koblenz hinter uns – und gerieten zunehmend in eine ziemliche Sauerei. Bodennebel und durch fleissigen Einsatz von Streusalz entstandener Eiswasserschlamm vereinten sich nämlich zu einer allgegenwärtigen Gischt, die sich zunehmend von unserer Windschutzscheibe angezogen fühlte. Dafür gibt es Scheibenwischer…die sich allerdings als ziemlich nutzlos erweisen, wenn der Belag auf den Scheiben im eisigen Fahrtwind fast umgehend anfriert.
Mit unserer Sicht trübte sich daher einmal mehr unser Gemüt. Nicht einmal die Scheibenwaschanlage schien diesem Frost gewachsen, denn was Papa auch versuchte – es kam einfach nichts heraus. „Wenn das Wasser keinen Frostschutz hat und eingefroren ist, müssen wir für heute abbrechen. Alles andere wäre zu gefährlich.“ Papa hatte recht mit dieser düsteren Prognose – denn in Kürze würden wir regelrecht blind werden. Schliesslich kann man auf der Autobahn nicht alle Nase lang zum Kratzen anhalten.
Zu unserer grossen Erleichterung erreichten wir noch vor der völligen Erblindung die nächste, rettende Raststätte mit Tankstellenshop. Dort kam der Moment der Wahrheit: Motorhaube auf, und…. Die Scheibenwaschanlage war nicht eingefroren, sondern schlichtweg leer! Ein Unding seitens der Autovermietung – Glück für uns. Denn so konnten wir an der Tankstelle einen der heissbegehrten Nachfüll-Beutel mit frostgeschütztem Scheibenwasser erstehen und nachrüsten.
Wenn das Wischwasser einfriert oder eben nicht
Das Wasser, welches ab 0°C zu Eis erstarrt, ist in der Winter-Version mit einem anderen Stoff vermischt, der aus sperrigeren Molekülen bzw. Teilchen besteht. Diese fordern bei der Bildung von Eiskristallen ihre eigenen Plätze im Kristallgitter ein, was für ein ziemliches Durcheinander im sonst hochsymmetrisch geordneten Kristall sorgen kann. Somit ist eine deutlich niedrigere Temperatur vonnöten, um das Tohuwabohu in eine feste Form zu bringen: Der Gefrierpunkt eines solchen Gemischs kann deutlich niedriger liegen, als die Gefrierpunkte seiner Bestandteile! Streusalz funktioniert übrigens auf die gleiche Weise wie Frostschutzmittel im Scheibenwasser: Hier sorgen die Kochsalz-Ionen, die sich im Wasser lösen, für die nötige Unordnung im Kristall, um den Gefrierpunkt zu senken, was dem Salzwasser-Eis erlaubt, auch bei Temperaturen unter 0°C zu schmelzen.
Grenzkontrolle an der Schweiz
Dank dieses äussert hilfreichen physikalischen Tricks konnte unsere Reise einmal mehr weitergehen. Und in Mittel- und Süddeutschland wurde die Witterung zunehmend trocken und etwas wärmer. So kam alsbald der Augenblick, in dem mein altes Zuhause in Deutschland wahrhaftig dem neuen weichen sollte: Wir erreichten die Landesgrenze in Basel.
Als Grenze innerhalb des Schengen-Raumes stellt sie für EU-Bürger in PKW eigentlich gar kein Hindernis dar. Mit dem geschlossenen Lieferwagen zogen wir allerdingst die Aufmerksamkeit der Grenzwächter auf uns. Aber darauf war ich vorbereitet.
Welche Papiere du unbedingt für deinen Hausrat benötigst
Um meinen Hausrat kostenfrei zu überführen, hatte ich ein Formular ausgefüllt und meine Besitztümer vor dem Verladen inventarisiert und den (geschätzten) Wert der Sachen aufgelistet. Bei der Aus- und Einreise ist diese Inventarliste vorzulegen, um das Umzugsgut zu deklarieren. Das heisst, ich bin mit der Liste an der Grenze erst zum Büro des deutschen Zolls, dann über die Strasse zum Schweizer Zoll gepilgert und habe mir das Ganze jeweils absegnen und stempeln lassen. Bei der Überquerung der Grenze mit dem Fahrzeug genügte es damals, dem Grenzwächter das Dokument unter die Nase zu halten, um einfach durchgewunken zu werden.
Weihnachtsstimmung und wildes Schneetreiben
Das Ziel damit fast greifbar vor Augen, wurde mir nun langsam weihnachtlich zumute. Und als hätte das Wetter etwas für Landesgrenzen übrig, fing es in Basel an zu schneien. Und es hörte nicht mehr auf. Bis Zürich kamen wir noch gut durch. Doch je höher und je weiter wir nach Süden vordrangen (der Zürichsee liegt über 400 Meter über dem Meeresspiegel!), desto mehr der weissen Pracht blieb liegen. So kamen schliesslich selbst die eingefleischten Schweizer Räumdienste an ihre Grenze.
Fast geschafft
Die letzten 30 Kilometer zwischen Zürich und Pfäffikon legen wir auf der Autobahn im Schneckentempo zurück: Wo normalerweise 120 gefahren werden darf, waren mit dem trägen, schwankenden Transporter höchsten noch 50 Stundenkilometer machbar.
Von der neuen Heimat sehnlichst erwartet
Mit letzter Kraft hat sich das treue Gefährt schliesslich den Hügel zu meinem neuen Heim hinauf gekämpft. Reto und meine künftigen Schwiegereltern warteten schon sehnlichst auf uns. In Windeseile trugen wir alle gemeinsam die Ladung durch das dichte Schneetreiben in die noch gähnend leere Wohnung. Reto hatte sie bereits am Vormittag übernommen. Puh, geschafft. Und Papa, der Unaufhaltsame, brach nach einer Aufwärm-Kaffeepause bei den Schwiegereltern noch am gleichen Abend wieder nach Deutschland auf. Aber erst, nachdem er den nun leeren Transporter so gerade noch aus rund 30 cm Schnee auf dem Kirchhof befreit bekam.




Herzlich Willkommen bei 40 cm Neuschnee
Der Schnee sollte uns übrigens noch länger durch diesen Winter begleiten, sodass eine meiner ersten Unternehmungen im neuen Jahr darin bestand, bei 30 – 40cm Neuschnee auf unberührten Wegen über unseren Hausberg zu laufen. Solch atemberaubende Naturerlebnisse erinnern mich bis heute daran, dass die Strapazen unseres kleinen Winter-Abenteuers vor bald 8 Jahren sich mehr als gelohnt haben.
Und wenn ihr nun Lust auf Schnee habt und euch näher mit der weissen Pracht beschäftigen möchtet, könnt ihr in Keinsteins Kiste einen Blick durchs Mikroskop darauf werfen!
Das ist auch interessant:
Neue Heimat in Andalusien – Auswanderer im Interview
Vielen Dank, liebe Kathi, ich kenne jemanden, der mit einer Auswanderung in die Schweiz liebäugelt, dorthin habe ich deinen Artikel gleich mal weitergeleitet!
Liebe Grüße aus der Köln-Bonner Bucht
Monika
hallo Kathi,
interessanter Bericht deiner Reise/Autofahrt in die Schweiz…nur,habe ich DAS Thema,das Auswandern vermisst mit von Dir informativen Tipps,Trips was das tatsächliche Auswandern,Einwandern in dieses tolle Land betrifft…
und,“es werden dort weltweit die höchsten Löhne bezahlt“…natürlich,sind dafür auch die Mieten,Lebensmittel,etc. teurer wie anderswo!
Aber auch dafür gibt es Wege und Möglichkeiten so wie es z.B. die Schweizer tun,die nahe an der Grenze zu Deutschland leben und,oder dort Einkaufen bzw. die im land-inneren vermutlich einmal im Monat einen Einkauf-Trip nach Deutschland machen,was enorm viel Geld spart…
ich denke,auch das sind Dinge die wichtig sind als nur „Verzeihung“ von deiner Reise/Fahrt in die Schweiz zu berichten,Kathi…
also,was tatsächlich Fakt ist dort auf lange Sicht zu Arbeiten & zu Leben!
Da hätte ich mir mehr informative Informationen gewünscht…
PS:In Pfäffikon & Zürich war ich vor Jahren mal,hatte aber damals nicht gewusst das Pfäffikon „die Heimat“ von der erfolgreichen Schlagersängerin Beatrice Egli ist & die Eltern dort eine Metzgerei haben…aber,schönes Städtchen war im Sommer dort,herrlich!
LG,Michael
Ganz ehrlich: Ich habe nie vom Auswandern geträumt, da ich in der Nähe meiner Familie bleiben will und die Landschaft hier mag.
Und Dialekte machen mir auch irgendwie zu schaffe, sodass die Schweiz für mich schon irgendwie schwierig wäre. Aber wenn man sich halt in jemanden verliebt, dann zieht man doch fast überall hin, oder? Ich kann deine Entscheidung also verstehen.
Verstehe ich es richtig, dass man, wenn man keinen Partner im Land hat, erst einen Job in der Schweiz kriegen muss, ehe man dort hinziehen darf?
Ich wusste gar nicht, dass DIeselmotoren mit Kälte solche Probleme haben können… da hätte ich echt Panik gehabt… gut, dass ihr rechtzeitig wieder Gas geben konntet.
Und was für ein Glück, dass der AUtovermieter so geschlampt hat bei dem Scheibenwischwasser… Bis zu welcher Temperatur wirkt Frostschutzmittel eigentlich?
Und meine Güte – war das mit der Inventarliste nicht mega viel Aufwand? Aber dann wird einem mal bewusst, wie viel Wert das eigene Zeug hat…vielleicht sollten mehr Leute mal so eine Liste erstellen?
Irre, wie sich dein Vater für dich aufopfert… und nach so einer Anreise noch zurück – meinen Respekt hat er!
Aber immerhin bist du angekommen… und scheinbar dort auch glücklich, oder?
Liebe Grüße