Kann eine Ehe bestehen, wenn der Reiz des Fremdgehens alle guten Absichten überlagert und das Verlangen nach Neuem den Vorsatz der Treue vergessen lässt? Würdest du fremdgehen, weil dir die Ehe zu langweilig ist? Könntest du dem Reiz des Fremdgehens widerstehen?
Angelika ist eine alte Schulfreundin von mir, die ich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe. Vor etwa 10 oder 12 Jahren saßen wir beide beim Heurigen zusammen, um das herrliche Wetter zu genießen. Nach einiger Zeit erzählt sie mir, dass sie immer wieder alleine auf Urlaub fährt. Ganz absichtlich alleine.
Das Prickeln beim Verlieben
„Ich brauche das Prickeln,“ sagt sie. „Mir fehlt das Prickeln in der Ehe.“
„Welches Prickeln?“, frage ich etwas naiv.
„Das Prickeln des Neuen!“ erklärt sie mit einer gewissen Abenteuerlust in den Augen. „Bei Günter kenne ich jeden Handgriff, jeden Gedanken, ich kenne ihn durch und durch. Das ist irre! Ich weiß einfach alles von ihm. Ich weiß, wo er seine Brillen liegenlässt, und finde sie für ihn. Da ist keine Überraschung mehr drin, nichts Neues.“ Angelika erzählt über ihre Ehe. Sie haben vor 25 Jahren trotz einiger Widerstände geheiratet und haben drei Kinder. Sie waren damals wild entschlossen, diese Ehe zu führen. Da gab es einfach keinen Zweifel.
Ich habe sie damals um das Abenteuer am Beginn der Ehe etwas beneidet, denn ich hatte damals Liebeskummer.
Nach etwa 15 Jahren Ehe übermannte sie immer der Wunsch alleine zu sein, etwas Neues zu erleben und aus der Routine auszubrechen. Seit damals packt sie ihre 7 Sachen, schmeißt sich ins Auto und fährt alljährlich alleine los. Günter bleibt bei den Kindern daheim.




Noch immer klickt es bei mir nicht. Ich denke mir nur, dass sie das doch nicht so meinen kann, oder doch? Sie fährt weg, um die Liebe zu erleben, und setzt die Ehe aufs Spiel? Echt jetzt?
Sie nimmt den Ehering ab und behält ihn in der Handtasche. „Das tun die Männer dort auch, das ist völlig klar. Da sind alle ‚unverheiratet‘ oder ‚geschieden‘, völlig klar.“ Aus ihrem ironischen Tonfall ist nur eines völlig klar: Alle Beteiligten sind vergeben. Und jeder weiß es. Das Hotel scheint voller Menschen zu sein, die dem Reiz des Fremdgehens erliegen.
„Einmal im Jahr?“, frage ich sie immer noch etwas ungläubig.
„Ja, einmal beim Winterurlaub. Da weiß ich genau, wenn ich nach Hause komme, redet mein Mann wieder drei Wochen nicht mit mir.“ Sie lacht und zuckt mit den Schultern. „Das vergeht.“
Fremdgehen – wir reden nicht drüber
„Sagst du ihm, dass du fremdgehst?“
„Nein, natürlich nicht. Aber er ist ja nicht blöd.“
„Und warum machst du das dann?“
„Weil ich bei meinem Mann einfach alles kenne. Da ist nichts Neues mehr. Es ist alles vertraut und bekannt. Alles immer gleich.“ Und dann hängt sie noch an: „Aber eine Scheidung kommt nicht in Frage.“
Klick. Jetzt macht alles Sinn für mich. Eine viel zu perfekte Beziehung, die einzuschlafen droht; nein, die bereits eingeschlafen ist. Eine Frau, die den Wert der Beständigkeit kennt, aber das Feuer vermisst. Das Feuer des Abenteuers verzehrt sie in heißen Liebesnächten im Schiurlaub. Sie liebt die Aufregung, die Anbahnung, das Neue. Der Reiz des Fremdgehens überkommt sie alljährlich im Winter. Danach fährt sie wieder heim, hält es aus, dass ihr Mann ein paar Wochen nicht mehr mit ihr spricht, und lebt dann wieder weiter.
Damals hatte ich schon einige Jahre Erfahrung als Partnervermittlerin und mir gefiel das gar nicht. Wie oft hatte ich schon den Ausgang von diesen Liebesabenteuern gesehen? Der betrogene Partner landete meistens bei mir, irgendwie zerbrochen und tief enttäuscht vom anderen Geschlecht.
Kann ich den Drang verstehen, sexuelle Abenteuer zu erleben?
Ja.
Die Frage ist nur: Wie hoch ist der Preis?
Der Preis dieses sexuellen Abenteuers kann Krankheit sein, aber das ist es meist nicht und die ist mit heutiger Medizin relativ leicht heilbar. Der Preis ist meist das Ende der Ehe.
„Hast du keine Bedenken, dass deine Ehe daran scheitern könnte?“, habe ich noch gefragt.
„Aber nein. Die ist stabil wie ein Felsen. Er redet halt ein paar Wochen nix mit mir, danach ist wieder alles wie vorher.“
Vom Reiz des Fremdgehens aufgefressen
Nun habe ich zufällig wieder von Angelika gehört. Sie lief mir über den Weg und wir plauderten ein wenig. Mir fiel auf, dass sie nicht mehr die Fröhlichkeit in Person war, die ich kannte. Zwar lächelte sie, aber da war etwas Verhaltenes in ihrer Stimme, in ihrem Gesicht. Es war wie ein grauer Schleier. Hatte sie Depressionen?
Das regelmäßige Verlieben in ihrem Winterurlaub war ihr zur Gewohnheit geworden, das Prickeln, das sie in ihrer Ehe vermisste, fand sie dort. Dann traf sie Martin, einen neuen Arbeitskollegen. Sie verliebten sich und das Prickeln hielt länger an als in den Winterurlauben.
Dann kam die Scheidung, neue Wohnung und kurz darauf das Beziehungsaus mit Martin. Die Verbindung zu Günter ist weiterhin freundschaftlich, die drei Kinder sind mittlerweile groß. Corona und die Scheidung haben sie aus einem Familien- und Freundschaftsverband gerissen, der nun nicht mal mehr die Stabilität bietet, aus der sie entfliehen wollte, die ihr aber Halt gegeben hatte.
Jetzt ist sie allein. Das einzig Stabile sind der Job und die Trauer fern vom Reiz des Fremdgehens.
Dem Reiz des Fremdgehens widerstehen
Manchmal ist man sich des Preises erst bewusst, wenn die Rechnung am Tisch liegt und man sie bezahlt. War es das wert?
War die Verpackung dessen, was man sich geleistet hat, vielversprechender als der Inhalt?
Mag sein. Angelika hatte eine Zeitlang Stabilität, Freude und Spaß. Das ist dahin.
Schauen wir mal auf die Ehe und was man hätte tun können, um den Lauf der Dinge in eine andere Richtung zu lenken:
- Geh mal mit deinem Partner an einen ruhigen Ort, wo ihr ungestört reden könnt.
- Finde heraus, was deine Frau / dein Mann, zum Glücklichsein braucht.
- Gib ihr oder ihm das, was du herausgefunden hast.
- Sag deiner Frau / deinem Mann, was du zum Glücklichsein brauchst.
- Idealerweise gibt dir deine Frau / dein Mann genau das.
Günter hat offenbar gemerkt, dass seine Frau fremdgeht. Den Grund dafür nur bei der Frau bzw. dem betrügenden Ehepartner zu suchen ist wohl etwas zu einfach, denn für eine glückliche Beziehung braucht es beide Partner. Partner sein bedeutet, sich mit dem anderen abzusprechen.
Günter ist selbständig und arbeitet viel. Sehr viel. Viel zu viel. Er war nicht daheim. Er war lieb, aber nicht einfallsreich genug, seiner Frau bei aufrechter Ehe das Prickeln des Verliebens in den eigenen Mann zu bieten.
Sexeuells Prickeln in die Ehe bringen
Mehr sexuelles Prickeln in die Ehe zu bringen ist möglich, dazu braucht es weder Porno noch „Spielzeug“, obwohl das bei einigen recht beliebt ist. Sex ist hauptsächlich eine Kopfsache und das ist auch nicht der einzige Bestandteil des Prickelns.
Das Ding ist halt, dass die Bedingungen einer Ehe zu Beginn festgelegt werden. Geht einer fremd, unter der Voraussetzung, dass das für den anderen der größte Vertrauensbruch ist, naht das Ende der Beziehung in Riesenschritten, wenn die obigen fünf Punkte ignoriert werden.
Dein Partner sucht das sexuelle Abenteuer, Abwechslung und Action?
Willst du deinen Partner glücklich machen und glücklich sehen?
Irgendetwas kannst du immer machen.
Ich hoffte so für Angelika, dass ihre Ehe halten würde, so wie sie es am Beginn vorausgesagt hatte. Ihr Mann, so versicherte sie mir, hält das schon aus, weil es ja grundsätzlich nichts zwischen ihnen ändern würde. Es ist ja nur Sex und sonst nichts.
Offenbar ist der Reiz des Fremdgehens stärker, als es diese Ehe aushalten konnte.
Wie siehst du das? Hinterlasse einen Kommentar. Mich interessiert, wie du das siehst.
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Liebe Grüße
Gabriele Strasky-Pölzl