Urlaub vor der Haustüre

Der gute alte Goethe hat es schon damals erfasst, was heute mehr Gültigkeit hat, denn je. Vor lauter Billigangeboten in ferne Kontinente, Pauschalreisen bis ans andere Ende der Welt, übersehen wir immer mehr die regionalen kleinen Schätze und Gegenden. Sie geraten bei manchen sogar gänzlich in Vergessenheit.
Nur wo fängt man an, mit all den schönen Dingen aus der eigenen Gegend? Es ist vielleicht gar keine schlechte Idee, das ganze chronologisch anzugehen.
Der Beginn meiner Liebe zu Wien




Seit fast 29 Jahren lebe ich in der Donaumetropole Wien. Ich kam als relativ einfältiges, badisches Landei aus Deutschland rüber, wegen der Liebe, die dann aber “gschissn” (deutsch = besch…eiden) war, wie der Wiener sagt.
Nach meiner Scheidung zog ich in die Innere Stadt. Das ist die Bezeichnung des Bezirks der sich innerhalb des Rings befindet. Der Ring ist eine Prachtstraße die sich rund um den ersten Bezirk windet.
Meine erste Bleibe, nach meiner verkorksten Ehe, war also der Rudolfsplatz, der sich nicht unweit vom Schwedenplatz befindet. Für die Innenstadt war er relativ ruhig . Die reich mit Stuck verzierten Bürgerhäuser aus dem frühen 19. Jahrhundert grundsaniert, und meine WG lag auch noch in einen grünen Innenhof gerichtet. Die Decken waren extrem hoch. was meinem eigentlich kleinen Zimmer in der Damen WG etwas Würde gab. Oben am Plafond ( Zimmerdecke) herrlicher Stuck, riesige Doppelfenster Fenster mit Oberlichtern und Blick auf eine Linde im Hof.




Die wilden Jahre – Hot Town always in the City
Wenn man am kleinen Park entlang der Gölsdorfgasse Stadteinwärts marschiert, kreuzt man automatisch den Salzgries und selbige Gasse. Hier kann man gepflegt frühstücken, oder auch gepflegt zu Abend essen, um dann gepflegt einen über den Durst zu trinken.
Wien ist ein Dorf und die Bewohner des Grätzels kennen sich. Man trifft sich auf einen Tratsch, oder glüht vor, um dann in eine der angesagten Clubs und Bars weiter zu ziehen.
Vielleicht noch einen Abstecher in die Marc Aurel Straße, in den Kakadu, und dann schon lustig und beschwingt in Richtung Bermuda Dreieck, schnurstracks ins Bermuda Bräu oder auf eine Musik Live Session ins Krah Krah.
Also für 20 jährige absolut geniale Lebensqualität. Party bis zum Morgengrauen.
Urban Living über den Dächern der Stadt




Mit den Jahren, dann beruflich etabliert, zog es mich irgendwie in die eigenen Wände. Auch das ständige Party machen war jetzt weniger angesagt, ich hatte wieder was Festes und – eine Katze.
Ja da musste eine neue Bleibe her. Ich zog nun ein Stück raus aus dem brodelnden Stadtkern, in den Bezirk des inneren Gürtels. Das sind die Bezirke, die innerhalb des Rings, der sich Gürtel nennt, liegen. Die Gürtelstraße beginnt im Nordosten des 9. Bezirks und umschließt (mit Ausnahme der Leopoldstadt) alle alten (1850 eingemeindeten) Bezirke (3-9) in einem von der Ringstraße 1,5 bis 2 km entfernten Bogen.
Meine Wahl traf eine großzügige Dachgeschosswohnung am Einsiedlerplatz. Mit Blick über Wien.Geheimtipp, denn damals galt der fünfte Bezirk als das Soho von Wien. Aufstrebend und zukunftsträchtig.
Meine Nachbarn und die Besucher des kleinen gleichnamigen Parks waren multilingual, sprachen also deutsch/türkisch deutsch /serbisch usw. Aber mein Loft war klasse. Und in die Stadt hatte ich es auch nicht weit. Mich interessierten in dieser Zeit aber eher die Kunst und die alternative Szene.
Neubau – Grün, Alternativ und Individuell




Im Siebten Bezirk hat man schicke Kneipen zu moderaten Preisen und wählt Grün. Fahrräder soweit das Auge reicht. Alternative Geschäfte, Lokale und Boutiquen, eine Stadt Gleichgesinnter für sich.
Auf der Mariahilfer Straße ist es super zum Bummeln und morgens saß ich nun eben mit meinem Schatzerl in der AIDA, oder im Café Ritter, auf ein ausgedehntes, samstägliches Frühstück und anschließender Shoppingtour.
Auf der Mariahilfer Straße lässt es sich aber nicht nur gut shoppen, auch kulinarisch sind einige angesagte Lokale dort angesiedelt. Die seit 2016 als Fußgängerzone adaptierte Einkaufsstraße lädt zum Bummeln ein.
Im Dots lässt es sich wunderbar Sushi essen und ein feines Cocktail in der Lutz Bar macht den Abend perfekt. Das Museumsquartier (MQ) mit seinen interessanten Ausstellungen und Events lädt auch mal zu einer Rast im Innenhof ein.
Der Naschmarkt




Nicht weit vom MQ ist dann auch noch der Naschmarkt, mit all seinen Leckereien und kleinen Lokalen. Hier geht der Wiener samstags einkaufen, wenn er Gäste erwartet. Frischer Fisch, exotisches Gemüse und es gibt eigentlich fast nichts, was man hier nicht bekommt an exotischen Lebensmitteln. Daneben befinden sich viele kleine Lokale mit Schmankerln von regional über international bis exotisch. Veganer werden hier auch nicht verhungern.
Kunst, Kultur und Events
Wenn es Dir in Wien also abends um 9 Uhr plötzlich fad im Hotel, oder in deinem zu Hause wird, gehst Du einfach raus und lässt dir die Stadtluft um die Ohren blasen, die nebenbei gesagt, eine durchaus sauber ist.
Viele Events geben sich in Wien die Klinke. Ein sinnloses Unterfangen, sie alle aufzuzählen. Aber die kulturellen High Lights sind die Viennale, das Donauinselfest und die lange Nacht der Museen. Abgesehen von den Premieren im Theater an der Wien und er altehrwürdigen Oper, in der jährlich der Opernball stattfindet, hat man in der Faschingszeit einige wunderschöne Bälle um einmal ganz edel herausgeputzt das Tanzbein zu schwingen.
Unzählige Museen, das bereits erwähnte Museumsquartier, das Kunsthistorische, das Naturhistorische Museum und die Albertina bieten sich an, erkundet zu werden.
Die Aussenbezirke




Mitte Dreissig zog es meinen Lebensgefährten und mich noch weiter hinaus – in den Randbezirk Wiens. Unweit des Nobelbezirks Hietzing zogen wir nach Hadersdorf und leben nun in einem Loft mit Blick auf den Lainzer Tierpark. Es ist ruhig, grün und idyllisch – ohne zu weit vom Schuss zu sein. Dank der Wiener Linien hat man auch vom 14 Bezirk genügend öffentliche Verkehrsmittel, und ist schnell in der Innenstadt.
Must see: Der Schönbrunner Tierpark
Quasi an der Haustüre befindet sich auch Schönbrunn mit seinem herrlichen Schlosspark und die Gloriette die einlädt, auf einen Café zu verweilen und die schöne Aussicht zu geniessen. Der Tiergarten ist ein Besuch wert. Er ist in der Nachzucht von Pandas bekannt. Auch die Nachzucht, von Tieren, die so nicht mehr in der Natur vorkommen. So ist es z.B. gelungen die Waldrappen erfolgreich zurück in die österreichischen Wälder zu bringen. Die Ibise kehren auch jedes Jahr wieder zurrück (Zugvögel).
Seit ich hier im Grüngürtel lebe bin ich begeisterte Wanderin oder ich Jogge morgens mal 25 Minuten durch den nahegelegenen Wald. Joggen ist natürlich auch ein Sport dem der Wiener zelbriert. Du wirs keinen Park finden, in dem dir nicht der eine oder andere Endorphinjunkie entgegen hechelt.
Wiener Naherholungsgebiet – Rieglerhütte – Ausflugstipp
Zurück zu meinem Revier. Ein Weg führt hinauf auf die Sophienalpe und dann wieder herunter, zu einem Geheimtipp – der Rieglerhütte, dessen ideenreicher Chef, der Hermann Prilisauer ein urbanes Paradies für Familien mit Kindern und Hunden geschaffen hat.
In dem alten Gasthaus wurde ein völlig neues Konzept installiert. Hier wird gegrillt und auf den Heurigen Bänken mitten im Grün verweilt, während die sich die Kinder am Spielplatz in Sichtweite auspowern können. Ein entspannter Familienausflug für Jung und Alt.
Döbling und die Donaustadt




Neben Hietzing mit seinen Villen und dem Plachutta, gibt es noch den 19.Bezirk Döbling genannt, der ebenfalls als einer der teuersten Pflaster in Wien zählt. Hier, an den Hängen der Wiener Weinberge befindet sich auch Wr. Neustift, und Grinzing, wo sich ein Nobel Heuriger neben dem Anderen befindet und wahnsinnig viel Touristen. Nahe am Wienerwald, dem Naherholungsgebiet für die Städter. Viele Stadtwanderwege führen den Spaziergänger über die Wiener Hausberge, mit atemberaubenden Ausblicken über die Stadt. Weiter im Norden, befindet sich die Donaustadt mit ihrem Badeparadies, der alten Donau, der Lobau und der Donauinsel, wo es im Sommer Urlaubsfeeling live gibt.
Badekultur Wien




Im Sommer geht der Wiener ins Bad. Wenns “z’haas” (zu heiss) wird in den Stadtwohnungen, tummelt sich die Bevölkerung in den zahlreichen Stadtbädern. Mein Kleinod ist das versteckte, privat betriebene, aber herrliche Waldbad in Neuwaldegg. Der Eintrittspreis ist zwar um ein vielfaches höher, als im Krapfenwaldbad, im Schafbergbad oder im Gänsehäufel, aber dafür hat man seine Ruhe und – lauschige Plätze. Wenig Kinder und ein Buffet mit echter Wiener Hausmannskost. Die Gefüllten Paprika oder ein Schnittlauchbrot zwischendurch sind ein MUST.




Stammersdorf Insider Tipp für Heurigenfreunde
Im weniger bekannten Stammersdorf, lässt es sich auch gut den Heurigen verkosten. Grüner Veltliner, Riesling, gemischter Satz, oder Weißer Spritzer und eine zünftige Brettljause sind hier zu erstehen.
Mit dem Rad fährt es sich herrlich am Donauufer entlang bis nach Klosterneuburg, wenn man möchte, die Gegend ist flach und das Radl rennt fast von alleine.
Mein Artikel ist sicher nicht vollständig. Ich glaube man könnte ein Buch drüber schreiben und hätt am Ende doch nicht alles erwähnt. So viel hat Wien zu bieten.
So war ich eigentlich sehr angetan von der Idee der 1 THING TO DO, das sind John und Marc aus Berlin, mich an Ihrer eine Blogparade zum Thema “Urlaub vor der Haustüre” anzuschliessen. Was andere Blogger für Perlen vor ihren Haustüren fanden, könnt ihr gerne hier nachlesen: BLOGPARADE VOR DER HAUSTÜRE
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