
Während ich im klimatisierten Hotelzimmer meine Artikel verfasse, legt sich erneut die lähmende Hitze über Palermo. Ich stehe rauchend auf dem Balkon und überlege. Soll ich einfach nur einen kleinen, leicht lesbaren Reisebericht schreiben, nur über die schönen Dinge in Palermo? Oder soll ich auch mal über die negativen Dinge auspacken. Mein journalistisches Herz pocht beim Gedanken.




Als ob der Monte Pellegrino meine Gedanken lesen könnte, hüllt er sich plötzlich in wolkigen Dunst und schmollt. Und da weiss ich es. Ich bin bereit. Eine kleine Abrechnung mit dem korrupten, hinterhältigen Moloch der diese Stadt lenkt. Es muss sein.
Doch zunächst einmal das schöne an dieser Stadt. Palermo. Sizilien. Die exponierte Lage der Insel ist schon in der Antike sehr nützlich gewesen. Mögliche Invasionen von fremden Mächten konnten anhand des natürlichen Bollwerks schnell entdeckt werden. Und so kam es, dass diese Insel seit jeher hart umkämpft wurde.
Da waren zunächst einmal die Griechen, die Byzantiner, die Normannen und später die Römer sehr an dem Besitz dieser Insel interessiert. Das kommt jetzt dir als Tourist sehr zugute.
Palermo, etwas weiter weg vom ständig rauchenden und spuckenden Ätna, birgt Geschichte aus tausenden Jahren menschlicher Zivilisation.
So kommt es, dass du dir auf einem Fleck gleich mehrere Epochen und Hochkulturen des Mittelmeeres ansehen kannst. Griechische Fresken, Maurische Moscheen, die heute als Kirchen genutzt werden, Ausgrabungsstätten mitten in der Stadt, die von den Normannen oder den Römern erzählen.
“Palermo ist wie ein Schmuckkästchen, gefüllt mit Pretiosen aus tausenden Jahren Menschheitsgeschichte.”
Als wir vom NH Hotel in die Stadt einbiegen, ist es schon um Zehn Uhr vormittags sehr warm. Vor allem die Luftfeuchtigkeit dürfte eine sehr hohe sein. Palermo dampft förmlich. Ob es eine gute Idee war im Juli Sizilien zu besuchen, sei dahingestellt. Für “Menschen mit Kreislauf” empfehle ich, die Exkursionen auf keinen Fall in der Mittagszeit zu unternehmen.
Unser Hotel liegt unweit des Foro Italico einer recht hübschen Promenade mit Blick auf das Meer und den Hafen. auf der vierspurigen Straße tummeln sich viele Autos, es wird gehupt, die Sirenen scheinen nie zu verstummen. Ein seltsamer Geruch liegt in der feuchten Luft, der das Atmen schwierig macht. Was zur Hölle stinkt denn hier so entsetzlich?
Palermo’s Kontraste – Das ewige Dilemma mit dem Müll
Die Müllcontainer sind heillos überfüllt. Neben dem geruchsneutralen Plastikmüll macht sich ein stechender Geruch nach Verwesung bemerkbar. Organische Reste zersetzen sich in der Sonne bei knappen 35 Grad.




In Palermo sind 23 Mitarbeiter der RAP seit den Fussball EM Spielen nicht zur Arbeit gekommen. Das ist die Müllabfuhr in Palermo. Der Geruch stinkt bestimmt bis nach Catania und verleidet mir den Bummel durch diese schöne Stadt.
Wir kommen am Palazzo Forcella de Seta vorbei. Der schöne Palazzo wird aktuell gerade fleißig renoviert. So wie alles an der Promenade. Die alte Stadtmauer wirkt erneuert. Die jahrelangen Abgase haben dem schönen Sandstein über Jahrzehnte zugesetzt. Jetzt erstrahlt er teilweise wieder in diesem wunderschönen honigfarbenen Ton. Wir gehen durch das Tor, das uns zum Piazza della Kalsa führt.
Kontraste Palermo – von superreich bis bettelarm




Dort liegen unter den Seitenbögen Matratzen und Habseligkeiten von Obdachlosen, die bis auf einen betrunkenen Mann mit afrikanischem Migrationshintergrund, aber verlassen sind. Ich nehme an, man besorgt sich in der Stadt mittels betteln die nötigen Münzen für das tägliche Überleben – oder den nächsten guten Alkoholrausch. Der junge Mann aus Afrika bemerkt uns nicht. Er liegt komatös auf seiner Matratze. Ich zähle unauffällig die Bierflaschen um ihn rum und kann mir vorstellen, warum er sich nicht bewegt.
Willkommen in Palermo – Der Stadt der Gegensätze
Wenn dich das schon abschreckt ist Palermo vielleicht nicht das Ideale für dich. Hier empfehle ich dir einen der kleinen Touristen-APE’s zu chartern und dir die Stadt im Schnelldurchgang anzusehen.
Die üblichen “Verdächtigen” werden hier innerhalb einer Stunde abgefahren, in miesem Englisch, aber stolz präsentiert. So eine Fahrt ist vor allem eines, rasant und witzig. Ob du danach Palermo wirklich kennst? Ich denke nicht.
Trotz steigender Kriminalität, dem Migrations-und Obdachlosenproblems kannst du dich relativ sicher in der Stadt bewegen. Tagsüber ist das kein Problem. In der Nacht würde ich jedoch nicht zurück durch das Tor des Palazzo Forcella müssen. Schon gar nicht als Frau und alleine.
Zu Fuß durch Palermo’s historischem Stadtkern




Das ist für mich Italien. Verstohlen riskiere ich ein paar Fotos und wir gehen ein Stück weiter um dann in die Via Alloro einzubiegen. Dort, im Palazzo Abatellis ist ein Museum für Kunst aus der Renaissance. Schöne, kühle Innenhöfe laden auch ein, da mal einen Blick hinein zu riskieren. Für Liebhaber der Renaissance ein MUST in Palermo.
Weiter, entlang der Straße lassen wir uns an Tischen einer Bar nieder. Ich habe Durst und ein kleiner Hunger meldet sich. Typisch italienisches Frühstück mit gutem Café und frisch gepresstem, herrlichen Orangensaft. WiFi inklusive. Günstig und gut. Casa Obatlá ist ein netter Platz für ein kleines Frühstück.
Die Vicolo Palagonia DEll’Alloro führt uns dann zum Piazza Marina, mit dem schönen Garibaldi Park in dem zwei uralte Gummibäume mit langen Luftwurzeln stehen, die an einem heißen Tag hervorragend Schatten spenden. Es ist sehr heiß. Mittlerweile ist es 11 und ich bin schon ganz dusselig von der fast tropischen Hitze.




Eigentlich will ich mir das Puppentheater und dazugehörige Museum ansehen. Aber als wir dort hinkommen ist es geschlossen und im Hof liegen zwei faule Katzen und schlafen.
Auf den Spuren Pinocchio’s – Palermos Marionetten Theater




In Italien ist die Kunst des Marionetten Spielens entstanden. Insbesondere in Palermo findest du die oft Mannshohen Marionetten. In Theatern kann man sich diese Kunst ansehen. Auf der Bühne erwachen die hölzernen Puppen zum leben.
Sie lieben, hassen, und erzählen von alten Geschichten rund um das Leben in Palermo. Oben auf einer abgedeckten Tribüne stehen die Puppenspieler, die den hölzernen Gesellen das Leben einhauchen.
Ich bin traurig. So gerne hätte ich eine der Vorstellungen besucht. Aber das Theater wirkt unbenutzt und verstaubt. Corona Zeit. Es ist ein Jammer.
Mit Enrico Turistico APE durch die engsten Gassen




Also schleppe ich mich mit Peter weiter zur fotogenen Porta Felice. Ein ehemaliges Stadttor zum Hafen hin. Hier geben wir W.O. Es ist verrückt! Verrückt um die Mittagszeit Sightseeing zu machen. Wir sind seit 18 Monaten wegen Corona kaum unterwegs gewesen und scheinen alles vergessen zu haben.
Als wir beschließen, wieder Richtung Hafen und dann über die Promenade zurück zu schlendern, sammelt uns, ein Geschäft witternd, Enrico auf.
Darf ich vorstellen Enrico’s APE Turistico. Für schlappe 60 Euro bietet er uns an, uns durch die stickigen Straßen von Palermo zu gondeln um uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Spontan sagt Peter ja und wir sitzen keine 2 Sekunden später in einem wackeligen, Cabrio APE und jetzt wird der angebrochene Vormittag so richtig lustig.




In einem Affentempo fährt Enrico souverän durch Palermos engste Gassen, quasselt ein Mischmasch von englisch und italienisch und erklärt uns seine Stadt. Nicht ohne Stolz versucht er uns die Geschichte Palermos zu vermitteln und ich habe richtig Spass mit dem Kerl. Wir sehen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, ich mache mir Notizen, was Peter und ich uns noch genauer ansehen werden. Dazu gehört die Kapuziner Gruft, der Dom von Palermo und das Teatro Maximum. So eine “Touri Fahrt” ist gar nicht schlecht, wenn man sich zunächst mal orientieren will. Nun stelle ich fest: Alle interessanten Sehenswürdigkeiten sind relativ gut zu Fuß zu erreichen.




In den nächsten Tagen werden wir uns für diese Orte mehr Zeit lassen. Wir sind ja vier Tage in Palermo.
Wir verbringen den nächsten Tag jedoch am Pool. Der Müllgestank ist unerträglich geworden. Heute Abend geht es raus zum Strand nach Mondello. Ich hoffe, dort bläst die Brise den Gestank etwas weg.
Taxi Abzocke in Palermo – Preise im Vorhinein fix ausmachen!
Noch ein Tipp: Checke immer, ob das Taxi einen Taxameter hat und auf welchem Betrag dieser steht. Bis 22 Uhr sollte hier, 3,81 Euro stehen. Ab 22 Uhr ist der Nachttarif von 5,72 korrekt Der Kilometerpreis ist 0,84 Cent. Tagsüber ist das Taxi günstiger als Abends.




Es fährt ein Bus Shuttle vom Flughafen bis Palermo Bahnhof. Das ist bei weitem die günstigste Möglichkeit in die Stadt zu kommen. Beim Taxistand vereinbare eine Pauschale. Die kommt auf ca 60 Euro. Je nachdem ob du tagsüber oder abends ankommst. Ein hilfreicher Link um Taxikosten zu berechnen findest du hier: https://www.taxi-rechner.de/taxikosten
Trinkgeld – Italienische Phrasen und Freundschaften schließen
Offiziell ist das Trinkgeld bereits im Preis inkludiert. Das merkst du daran, dass der Kaffee direkt an der Bar oft ein paar Cent weniger kostet. Wirst du jedoch bedient, zahlst du mehr.




Leider ist es nun so, dass die Besitzer dieses Geld oft selbst einsteckt, ohne irgendetwas an den Angestellten weiter zu geben.
Darum bezahle den Preis auf der Rechnung und lege etwas in Form von Münzen drauf. Kommst du öfters in ein Café zum Frühstück, frage den Kellner nach seinem Namen und stell dich selbst auch vor. Ein fröhliches “Buongiorno, Michele, come stai?” hilft auch in einem überfüllten Cafehaus einen Tisch zu bekommen. Making Friends ist die Devise.
Wie es weiter geht in Palermo
Nach diesen Zeilen habe ich mir eine Zigarette verdient. So stehe ich erneut auf meinem Balkon der Suite im NH Hotel und blicke wieder rüber, zum Monte Pellegrino.
“Und? Bist du noch sauer auf mich? War es so schlimm, was ich über Palermo schreibe?”
Der felsige Pellegrino ist nicht mehr vom Dunst verhüllt. Strahlend erhebt er sich über der Marina. Mir ist als ob er lächelt und im Inneren höre ich ihn sagen:” Ich kenne die Probleme meiner Stadt. Es ist ok. Aber komm. Komm hinauf zu mir, damit ich dir Palermo zeigen kann, wie ich es sehe.”
Doch das werden wir leider nicht mehr schaffen. Aber das ist eine andere Geschichte. Und die kommt demnächst.
Weiter geht es mit kulinarischen Genüssen in Palermo, warum ich vor Cefalu geheult habe und Peters Abenteuer Vulkane. Wir besuchen Stromboli, Finden ein herrliches Landgut zum übernachten und Peter besteigt erneut einen Vulkan, der zudem grade kürzlich ziemlich für Ärger in den Flugplänen sorgte.
Weitere Tipps zu Palermo kannst du auch hier Nachlesen Bestager Reiseblog
Also bleib einfach dabei und schau bald wieder rein.
Bis bald,
Eure Marion & Peter
Wenn du mit der kleinen Lupe nach Italien suchst, findest du viele weitere Geschichten über unsere vergangenen Roadtrips mit dem Auto durch Italien.
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Ich weiß gerade nicht, was ich von Palermo halten soll. Einerseits die tollsten Prachtbauten, andererseits der Müll und die Armut. Ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich versuche, darüber hinwegzusehen. Andererseits auch extrem viel Mitleid. Und sicher auch eine gewisse Arroganz, wenn ich dann nichts gebe. Ich hoffe, die Stadt bekommt das bald in den Griff, denn sonst wirkt sich das am Ende negativ auf den Tourismus aus und das würde alles nur noch schlimmer machen.