
Ist Frankreich wirklich so ein beliebtes Expat Land für Deutsche? Denn noch immer spürt man leicht diese angespannte Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen. Gelten die Franzosen ja auch als sehr introvertiert und gegenüber Nicht-Franzosen eher reserviert.
Aber ist das so? Welche Hürden muss eine Mutter nehmen, bzw. wie anstrengend muss es doch sein, hochschwanger Deutschland zu verlassen um ihrem Mann, nach Frankreich zu folgen? All diese Fragen haben sich bei dem ersten Gespräch aufgetan, dass ich mit Franziska und Jonas führte, die seit 2015 in die Nähe der südfranzösischen Stadt Toulouse leben
Franziska und Jonas – Über ihre Entscheidung nach Frankreich auszuwandern




Ein Interview
Franziska, schwanger nach Frankreich auswandern. Wie ging es dir mit dieser zusätzlichen Belastung?
Franziska: Im Grunde genommen war es für mich keine Belastung. Wir haben bereits im Vorfeld abgewogen, wann es besser wäre Deutschland zu verlassen. Wir entscheiden uns, dass es besser war mit einem Baby im Bauch zu gehen als mit einem Baby auf dem Rücksitz, denn eine Fahrt von 24 Stunden ist für einen Säugling eine Tortur und muss nicht unbedingt sein.
Lieber mit Baby im Bauch, als mit Baby im Auto!
Jonas:(lacht) Ich sollte vielleicht erwähnen, dass meine Frau ziemlich aktiv ist und in der Schwangerschaft schon durch das berufliche Beschäftigungsverbot immer wieder nach Aufgaben gesucht hat, die sie ausfüllen. Mit dem Umzug haben wir eine gute Möglichkeit gefunden, dass sie lang genug beschäftigt ist.
Wie ist denn das dann mit der Krankenversicherung gelaufen, bzw. wo hast du dann entbunden?
Franziska: Das ist eine ziemlich lange Geschichte, denn alle Informationen, die ich diesbezüglich in Deutschland erhalten hatte, waren unbrauchbar. Folglich mussten wir zur Krankenkasse, alles neu beantragen, benötigten eine Bescheinigung der deutschen Krankenkasse und dann alles wieder hinschicken, Passfoto für die Karte etc. Das wäre nicht das Problem gewesen, wenn das Krankenhaus nicht einen Scheck in Höhe von mehreren tausend Euro für die Kosten der Entbindung verlangt hätte, wenn ich diese Versicherungskarte oder eine Bestätigung der Versicherung noch nicht hatte.
„Viele Informationen aus Deutschland waren unbrauchbar.“
Auch hier laufen die Apparate ein bisschen langsam und so hatten wir erst vier Wochen vor der Geburt die erlösende Bescheinigung. Aber im Nachhinein betrachtet, war es alles noch im Rahmen.
Entbunden hab ich dann in Toulouse, da es hier auch einen deutschsprachigen Gynäkologen gab.
Jonas: Der war schon meinen Eltern bekannt und sie hatten schon immer von der guten Versorgung mit deutschen Ärzten in der Gegend gesprochen, was vielleicht auch unsere Entscheidung gefördert hat in der Schwangerschaft auszuwandern.
Jonas‘ Eltern leben auch in Frankreich. Waren sie auch mit der Grund, ebenfalls in die Nähe von Toulouse zu ziehen?




Jonas: Auf jeden Fall, denn wir hatten ein schönes zu Hause und vor allem möchte ich, oder besser, wir möchten auch meinen Eltern ein bisschen zur Seite stehen. Sie sind bei über 70 Jahre und der Zahn der Zeit wird auch irgendwann vielleicht ein paar Spuren hinterlassen. Da möchte man seine Eltern nicht allein in einem anderen Land wissen.
Über Vorteile, als Großfamilie auszuwandern.
Franziska: Wir profitieren auch auf beiden Seiten davon, denn sie haben ihre Enkel mit im Haus und können sie aufwachsen sehen und wir haben auch mal ein paar Stunden für uns, wenn wir Schreien, bockig sein und volle Windeln mal nicht mehr sehen können. Auch wenn es viele Eltern nicht zu geben, aber man kommt ab und zu mal an seine Grenzen.
Mittlerweile ist ja schon das zweite Kind da. Wie ist das mit der Sprache? Habt ihr vor sie zweisprachig zu erziehen?
Jonas: Bei uns zu Hause wird nur deutsch gesprochen, aber wir achten darauf, dass unsere Kinder immer mit uns oder den Großeltern unterwegs sein können und so viel von der französischen Sprache mitbekommen. Wenn sie in die Schule gehen, dann können sie schon ein bisschen was auf französisch und es ist begeisternd, wie schnell Kinder lernen.
„J’ai soif, maman.“ – Wenn Töchterchen plötlich französisch spricht.
Unsere Tochter verlangt ab und an nach Essen oder auch Getränken auf französisch. Immer in diesen Momenten, wo man es nicht erwartet und dann müssen wir das erst einmal realisieren.
Franziska: Unser Französisch ist ja nun noch nicht das Beste und wir befürchten, dass in ein paar Jahren, wenn unsere Kinder in der Schule sind, wir dann immer ein bisschen Nachhilfe bei ihnen nehmen müssen.
Jonas: Das ist zumindest meine Hoffnung, irgendwann richtig Französisch sprechen zu können.
Vielleicht ist die Frage verfrüht. Wie macht ihr das mit der Schule?
Jonas: So früh ist es gar nicht mehr, denn in Frankreich beginnt die Schulpflicht mit 3 Jahren. Auch wenn das dann eher eine Vorschule ist.
Wir möchten , dass unsere Kinder in eine staatliche Schule gehen. Es gäbe die Möglichkeit einer deutschen Schule, aber das ist nicht so gut, wenn sie in Frankreich dauerhaft leben sollen. Je eher sie sich hier mit den Gegebenheiten auseinandersetzen, umso einfacher wird es für sie, wenn sie älter werden.
Sie sollen so leben und lernen als wären sie Franzosen. In der Hinsicht vertraue ich auch dem französischen Bildungssystem.
Franziska, als Mutter in Karenz, hast du schon eine Ahnung, was du in Zukunft machst?
Ich würde sehr gern die Möglichkeit haben im Home-Office zu arbeiten. Denn auch wenn das ein bisschen überspitzt klingt, aber ich denke mit der Fülle an Aufgaben von Kinderbetreuung, über Haushalt und dann noch Arbeit, möchte man allem gleich gerecht werden. Wenn man von zu Hause arbeiten kann, dann hat man die Chance selbst die Zeit zu wählen, wann man arbeitet und vor allem hat man auch noch Zeit für sich. Termine zu koordinieren ist dann leichter.
Wie schnell findet man neue Freundinnen?Wie knüpft ihr hier neue Kontakte ?
Jonas: Genau über dieses Thema haben wir kürzlich gebloggt. Das Gute ist, Social Media ist grenzübergreifend, als wir ankamen, hatten wir schon Kontakt mit anderen Deutschen geschlossen, die auch Kinder haben.
Was die Einheimischen betrifft, ist es auch ist nicht schwer hier Kontakt zu finden, denn alle sind sehr aufgeschlossen und freundlich.
„Hier wird man automatisch in die Gesellschaft integriert.“
Ihr schreibt gemeinsam an einem Auswanderer Blog, um was dreht es sich bei www.auswandern-fuer-anfaenger.de im Detail?




Jonas: Wir teilen mit diesem Blog unsere Erfahrung, die wir mit dem Auswandern gemacht haben und auch noch jeden Tag machen. Behörden oder auch private Komplikationen gibt es immer wieder. Wir schreiben über das, was uns bewegt hat, geben Tipps und Hinweise, oder was man einfach wissen sollte, bevor man in ein Land auswandert.
„Unser Blog ist für Frankreich Auswanderer.“
Damit richten wir uns an die Leser, die schon ausgewandert sind, oder es erst wollen. Wir möchten motivieren, die ersten Schritte zu gehen. Wir haben festgestellt, dass viele zwar auswandern wollen, aber einfach Angst haben den Schritt zu wagen. Mit www.auswandern-fuer-anfaenger.de versuchen wir, den Leuten zu vermitteln, dass Auswandern nicht weh tut.
Franziska: Seit ein paar Wochen gibt es eine neue Kategorie „Elternblog„. Ich selbst habe es oft erlebt. Wenn ich allein mit den Kindern da stand und war verzweifelt. Ich möchte Eltern damit helfen, dass ich darüber spreche, wie ich persönlich meine Kinder und die Erziehung erlebe.
Franziska führt den neuen Elternblog
Perspektivisch planen wir auch, dass ich ein Buch veröffentliche, über über das Mama sein. Dabei möchte ich gern ehrlich ironisch sein, weil bei den kleinen Pampersterroristen, ist nicht immer alles wie aus dem Bilderbuch. Und dies sollten auch andere Eltern oder Neueltern erfahren.
Wie einfach oder schwer ist es, einen Job in Frankreich zu finden?
Jonas: Das lässt sich schwer sagen,denn ich bin selbstständig. Aber ich denke, dass es auch sehr abhängig von der Region ist. Viele Jobs werden über Mundpropaganda vergeben.. Da ist es immer gut, wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt.
„In Frankreich legt man Wert auf Softskills.“
Es gibt einen Unterschied zu deutschen Arbeitgebern. Mir fällt immer wieder auf, dass die französischen Arbeitgeber sehr auf die Softskills bedacht sind. Sie schauen eher darauf, ob der neue Arbeitnehmer seine Arbeit zuverlässig macht und wie er in die Firma passt und weniger auf Abschlüsse und Noten.
Jonas, Du bist als Texter selbstständig. Wird das auch in Zukunft für deine kleine Familie ausreichend sein, oder wird Franziska, auch mitarbeiten?
Jonas: Also ich würde sagen, wir arbeiten jetzt schon als Team zusammen. Meine Frau unterstützt mich, wo sie kann und hält mir ganz wunderbar den Rücken frei. Und wenn es um die Frage geht, ob ich möchte, dass sie wieder arbeiten geht, dass kann ich nur sie entscheiden lassen.
„Lieber weniger Geld und mehr Zeit für die Familie!“
Was das Finanzielle angeht ist es so, dass wir mit meinem Einkommen eigentlich gut zurechtkommen. Wir haben alles, was wir brauchen. Es ist generell so, dass wir hier in Frankreich trotz niedrigerem Einkommen einen höheren Lebensstandard im Vergleich zu Deutschland haben. Wir kaufen gerne viele Sachen als Second Hand, was wir aber mit einem höheren Einkommen auch machen würden, weil wir den Upcycling-Gedanken einfach gern unterstützen. Und wir nutzen Angebote die es hier reichlich gibt und somit sparen wir eine Menge Geld (das ist auch ein Tip über den wir auf auswandern-fuer-anfaenger.de sprechen). Das macht uns Spaß und wir haben auch viel mehr Zeit für unsere Kinder.
Ich las, dass ihr zwei mit sehr wenigen Sprachkenntnissen in Frankreich angekommen seid. Wie sieht das heute, nach gut zwei Jahren aus?
Franziska: Naja, es ist kein perfektes Französisch, aber es reicht, dass man sich weitestgehend zurechtfinden kann. Mein Mann versteht besser als ich und ich traue mich eher zu sprechen. Die Franzosen rechnen es hoch an, wenn man sich auf ihre Sprache einlässt und korrigieren einen dann sehr nett. Man muss sich nur was trauen.
Jonas: Sprachkurse haben wir bis jetzt noch keinen besucht, aber je mehr man liest und je öfter man unterwegs ist umso mehr bekommt man auch mit. Gerade beim Einkaufen kann man viel lernen.
Wie einfach ist es mit den etwas reservierten Franzosen Kontakt zu schließen? Stimmt meine Annahme überhaupt?




Franziska: Die Franzosen sind eigentlich gar nicht so reserviert. Wenn man offen und freundlich auf sie zu geht. Allerdings sind sie immer sehr neugierig, wenn es um die Nationalität geht.
Ich war mal in der Post am Schalter und die Dame hatte mich schon öfter bedient. Wir hatten uns nie unterhalten, aber sie war nett und freundlich. An diesem Tag hatte sie wohl Plauderwasser getrunken, denn auf einmal band sie mir ein Gespräch ans Bein. Ich hatte nicht viel Zeit, wollte aber auch nicht unfreundlich sein.
Von wegen reserviert! Die Neugier siegt 🙂
Sie merkte, dass mein französisch besser geworden war, aber immer noch nicht so gut. Also fragte sie mich, ob ich Engländerin sei und hatte einen entsprechend ernsten Blick aufgelegt. Als ich das verneinte, fragte sie mich nach Niederländerin. Denn als ich beides verneint hatte, wurde der ernste Blick schlagartig entspannt und sie war auch wieder locker.




Ich denke, dass sagt etwas über die Haltung, die sie gegenüber Nationalitäten haben, mit denen sie ihre Erfahrungen machen mussten.
Wir haben keine Probleme und reden ständig mit Leuten, die wir noch nie gesehen haben und werden von ihnen so behandelt, als wären wir schon jahrelang bekannt.
Jonas: Also ich stimme da vollkommen zu. Und ich kann nur sagen, dass die Franzosen sehr kontaktfreudig sind, zumindest hier im Süden. Die Franzosen sind eben stolz auf sich und ihr Land und wir haben selbst schon erlebt das englische oder auch deutsche Gäste sich hier aufspielten, als würde ihnen die Welt gehören und die Franzosen wie Untertanen behandelt haben. Wenn man das macht, blocken sie natürlich ab.
Man sollte die Menschen so behandeln wie man es sich selbst auch wünscht.
Manche Franzosen reagieren recht empfindlich, wenn man Englischkenntnisse als Voraussetzung sieht. Sollten Sie merken, dass das eigene Französisch recht schlecht ist, fangen sie meist von sich aus mit Englisch an.
Habt ihr manchmal Zweifel gehabt, das Richtige getan zu haben?




Jonas: Natürlich. Wir sind erst kürzlich auf dieses Thema in unserem Blog eingegangen. Die sind oft beruflicher Natur oder beziehen sich auf die Kinder. Kommen wir um die Runden? Haben wir für unsere Kinder die richtige Entscheidung getroffen. Aber dann schauen wir in den Garten und da lacht unser Kleiner mit der Oma und Opa springt mit der Großen durch die Wiese und lässt sich mit dem Wasserschlauch nassspritzen.
Ich glaube, wir haben alles richtig gemacht. Und Zweifel muss man auch mal haben. So kommen auch immer mal wieder neue Ideen.
Welche Tipps könnt ihr speziell für Auswanderungswillige nach Frankreich geben?
Jonas: Generell ist es wichtig, dass man Mut hat und sich auch von kleinen Umständen oder Rückschlägen nicht von seinem Plan abbringen lässt. Wer wirklich nach Frankreich gehen will, sollte schon wissen, wo er hingeht und vor allem sollte eine Unterkunft haben, wo er wohnen kann und am besten einen Job oder wenigstens eine realistische Idee haben, wie man die ersten Wochen und Monaten finanziell leben kann. Alles andere kann man dann von dort auch organisieren, denn je mehr man in Deutschland schon plant, umso mehr muss man feststellen, dass es nicht so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat.
„Man kann nicht alles planen.“
Franziska: Das sehe ich auch so. Und wenn man Angst davor hat, dann sollte man es erst recht machen. Du bist automatisch vorsichtiger. Klar, kann man sich im Netz über alles informieren und die Sprache perfekt können, aber in Frankreich ist es auch wichtig, wie man die Menschen behandelt. Seid offen und selbstbewusst. Sie beißen euch nicht. Und wenn ihr die Sprache nicht könnt, dann seht zu, dass ihr bei allem die Worte einsaugt, was ihr seht. Ein kleines Wörterbuch am Anfang kann euch helfen. Aber wie Behörden organisiert sind oder was im Endeffekt alles erledigt werden muss, dass wisst ihr erst, wenn ihr da seid.
Liebe Franziska und Jonas, vielen Dank für das Interview und noch viel Erfolg mit eurer kleinen Familie.
Weitere Geschichten und Interviews von und mit Auswanderern:
RATGEBER: Auswandern oder nicht? Martin aus Guatemala
Mit dem Fahrrad nach Spanien ausgewandert Mikes Geschichte