Vor einigen Monaten stellte ich dir den „Aston Martin Vantage AMR manual“ vor. Einer der mittlerweile ganz seltenen High-End-Sportwagen mit Handschaltung. Hier der Bericht zum Nachlesen über die kraftvolle Leidenschaft des AMR.

Was ist nun der Unterschied zum ’normalen‘ Aston Martin Vantage mit Automatik? Das finde ich bei einer ausgiebigen Testfahrt ins mysteriöse Waldviertel für dich heraus. Mit dabei einige unvergessliche Begegnungen und eine Weltpremiere!
Lieferung nach Wien
Die Lieferung des Testautos auf fremder Achse ist bereits das erste Erlebnis. Jetzt erinnere ich mich wieder an meine Kindheit. Weihnachten. Vorfreude. Packerl aufreißen. Da ist es, das lang ersehnte Spielzeug…




Die Wichtigkeit des Kofferraums
Das Wichtigste bei diesem Auto ist bestimmt nicht der Kofferraum. Fährst du damit ein paar Tage zu zweit zu einem Mal-Seminar, bei dem du sämtliche Utensilien (Farben, Paletten, Leinwände,…) mitnehmen möchtest gewinnt dieses Thema an Bedeutung. Dazu nur eines: für einen Sportwagen dieses Kalibers ist das Gepäckabteil nahezu sensationell – Schlicht-Expertise vorausgesetzt. Mehr Raum möchte ich diesem Thema nun nicht widmen.




Passt wie ein Maßanzug
Die teuersten Maßanzüge dieser Welt ziehst du an und spürst sie dann nicht mehr. Beim Vantage ist es genau so nur anders. Wie jetzt? Ein Gerät wie diesen Aston möchtest du spüren. Jede kleinste Bewegung. Jede Rückmeldung von der Fahrbahn über Federung, Dämpfung, Lenkung… Beschleunigung, Verzögerung, Fliehkräfte in alle Richtungen,… Du willst dieses Auto ERLEBEN – nicht einfach nur fahren.
Dabei helfen dir die passgenau einstellbaren Sportsitze (auch die Sitzwangen an der Sitzfläche und -lehne lassen sich anpassen) und das vertikal und horizontal justierbare Lenkrad, mit dem du den Aston Martin durch die Lande zirkelst.




Oh, ein Makel: bei bester Sitzposition sind die Instrumente nicht mehr ablesbar. Fährst du halt nach Gehör. Beim andauernden links – rechts – beschleunigen – bremsen kommst du eh nicht zum Schauen.




Ein Motor wie ein Motor
Der Motor klingt so, wie ein V8 klingen muss. Dumpfes Blubbern am Stand und bei niedrigen Drehzahlen. Bei Vollgas brüllt dich der 4-Liter Bi-Turbo in die Sitzlehne. 510 reinrassige Pferde und 685 Nm Drehmoment treiben dir auf kurvigen Landstraßen die Freudentränen ins Antlitz.




Oft reichen sogar 22 PS aus 900 ccm, um die Freude am Fahren zu genießen. So gab uns ein herzzerreißend schön restaurierter, äußerst seltener BMW 309 aus dem Jahr 1933 die Ehre in Dallein bei Geras. Der Aston und ich verneigten uns demütig und ehrfurchtsvoll vor diesem raren Kleinod.




Knopferln für die Fahrfreude
Am Lenkrad findest du die beiden Fahrfreudeknopferln. Das linke zum Fahrwerk anpassen und das rechte für Motor & Getriebe.
Welche Unterschiede erwarten dich beim Fahrwerk-Setup: im Normal-Modus liegt der Vantage schon sehr straff auf der Straße, Unebenheiten werden ganz gut absorbiert und Fahrzeug liegt satt auf der Straße. Kurze Stöße kommen nicht so trocken durch, wie bei den anderen Modis. Im Track-Modus beiß lieber die Zähne zusammen, damit dir die Füllungen nicht rauspurzeln. Diese Abstimmung ist sehr hart – da spürst du jedes kleine Steinchen hautnah.




Bei der Motor & Getriebe Einstellung fährt sich der Aston im Sport-Modus am ‚bravsten‘. Die Gänge flutschen relativ sanft von einem Zahnrad zum anderen. Im Track-Modus legst du dir Ohren an und bist voll konzentriert. Der Achtender dreht bis zum roten Bereich bei 6.800 U/Min, bevor die Automatik in den nächsten Gang schaltet. Schaltvorgänge und Gasannahme sind extrem geschärft.
Mit dem Wechsel der Fahrmodi wechselt auch die Anzeige der Armaturen. Innerhalb des großen, analogen Drehzahlmessers wird die Geschwindigkeit digital angezeigt. Je nach Modus ändert sich die Farbe, die Skala und der Umfang der Informationen.




Getriebeautomat mit Schaltpaddles
Das 8-Gang Automatikgetriebe steuerst du über gläserne Drucktasten in der Mittelkonsole. P, R, N und D – das ist doch eindeutig und frei von Rätseln.




Über Schaltpaddles am Lenkrad sortierst du die Gänge manuell. Diese Art von Schalthebel teilt die Meinungen. Geht es dir um den optimalen Schaltzeitpunkt – lass die Automatik nur machen. Moderne Automaten können das besser als du – glaub mir.




Der Mehrwert beim Selberschalten: der Spaßfaktor. Das ist subjektiv und kannst du in 100 Jahren nicht versachlichen. Ein Beispiel gefällig?
Hatzerl gefällig – imaginär wohlgemerkt
Schauplatz Waldviertel an einem ordinären Dienstag am Vormittag. Leere Bundesstraßen, viele Kurven, rauf und runter durchflechten Wälder und Felder. Beginnen wir unsere gedankliche Reise bei der Papstwarte bei Doberndorf mit dem Segen des Heiligen Martin – Schutzpatron aller Astons? Wer weiß…




Und jetzt stell dir folgendes vor: du sitzt im Aston Martin Vantage V8, hast die optimale Sitzposition gefunden, Track-Modus aktiviert, du befindest dich zwischen Graumohn- und Roggenfeldern, hast die nächsten paar 100 Meter Straße gut im Blick, hängst am Kurvenscheitelpunkt in den Sitzwangen und beschleunigst voll aus der schnellen ‚Rechts‘. Gänge durchschalten. Jeder Gangwechsel ein Tritt ins Kreuz. Nächste Kurve anbremsen – voll in die aufpreispflichtigen Keramikbremsen latschten und gleichzeitig runterschalten bis zum optimalen Gang für die nächste Kurve. Kurvenscheitelpunkt anvisieren und kurz davor mit viel Power aus der Kurve rausbeschleunigen. Raufschalten – Anbremsen – Runterschalten – Durchzirkeln – Gasgeben – Raufschalten – und so weiter… DAFÜR wirst du die Schaltpaddles lieben!
Zügiges Fahren auf Landstraßen sind ganz klar die Domäne des Vantage V8. Die Länge von 4,46 m kommt der Handlichkeit zu Gute. Breite Spur, flache Karosserie und eine tiefe Sitzposition mit ebensolchem Schwerpunkt unterstützen die bombastische Straßenlage. Durch die ausgewogene Gewichtsverteilung (50:50 % vorne:hinten) weißt du immer genau, was das Auto gerade macht.




In schnell gefahrenen, langgezogenen Kurven merkst du, wie der Vantage arbeitet und sich mit seinen Niederquerschnittsreifen geckoesk am Boden festsaugt. Du hast immer das gute Gefühl, das Auto genau macht genau das, was du von ihm willst – ohne böse Überraschungen.
Den Grenzbereich lotest du auf öffentlichen Straßen besser nicht aus – zu hoch und somit zu gefährlich die Kurvengeschwindigkeiten und zu schnell weg der Führerschein. Du bekommst allerdings eine leise Ahnung davon, welche Möglichkeiten in diesem Auto stecken. Ab auf eine Rennstrecke – am Besten bei einem Aston Martin Track-Day mit erfahrenen Instruktoren.




Die Aston Martin Weltpremiere
Nach ein paar Kurven – in etwa so, wie oben beschrieben – inhaliert mich ein ruhiger, idyllischer Ort mit einem Hauptplatz, wie aus dem Bilderbuch. Mein Vantage hat sich dieses Plätzchen für eine Weltpremiere gewählt.




Er war der ERSTE ASTON MARTIN IN WEIKERTSCHLAG A. D. THAYA!!! Juuuubelgeschrei… tosender Applaus… die Welle… Fanfarenklänge…!!! Dieses Ereignis fand auf dem – offensichtlich für uns frei gehaltenen – Asphaltfleck direkt vor dem ehemaligen Rathaus statt. Jetzt ist das Ortsmuseum und die Raiffeisenbank darin untergebracht. Eine Abordnung der Gemeinde verließ ihren Unterstand, um diesen Anlass fotografisch für die Nachwelt zu konservieren. Die Bitte „Kunnten’s no a poar Minutn woartn? Dann hol‘ i mei Telefon zan fotografiern“ konnte ich dem liebenswürdigen Abgesandten nicht verwehren. So verweilte ich noch etwas – die unendliche Stille genießend.




Nach genauer Inspektion des Aston Martin Vantage V8 und einer Fotosession mit dem selbigen fuhren wir – ich ausgeruht und der Aston mit stolz geschwellter Brust – des Weges.




Bedienbarkeit ohne Rätsel
Die Bedienung gibt dir wenig Rätsel auf. Alles nur Gewohnheit. Einiges funktioniert etwas anders als bei anderen Marken – ist aber überall so. Die Klimatisierung regelst du über herkömmliche Dreh-/Drückschalter und nicht über Unter-Unter-Menüs in neumodischen, ablenkenden Touchscreens – danke, Aston Martin.
Typisch Aston Martin sind die Bedienelemente für die Sitzverstellung – nämlich an der Seite der Mittelkonsole. Das Gestühl erfreut dich mit Sitzheizung UND -kühlung. Zweiteres ist besonders wichtig, wenn du deinen FreundInnen die Performance des Vantage V8 demonstrierst. Frei nach dem Motto: „Wenn die Reifen in den Kurven schmieren, die Co-PilotInnen transpirieren“.




Willst du alle Funktionen ganz genau wissen? Nimm die in Leinen gebundene Betriebsanleitung zur Hand und durchblättere die Hochglanzseiten. Du wirst viele Antworten darin finden.




Individualität groß geschrieben
Mein Lieblingsthema – die Assistenten: ein Einparkassistent bei einem Aston Martin? Na geeeh… Nichtsdestotrotz sind alle wesentlichen Sicherheits- und Komfortassistenzsysteme verbaut.




Im Übrigen kannst du dir deinen Aston Martin bis zum ‚geht-nicht-mehr‘ individualisieren. Unser Test-Vantage war in prächtigem Cosmos Orange lackiert. Die im Farbton passenden Bremssättel gucken dreist hinter dunklen 20-Zoll Schmiederädern hervor. Beim Exterieur kannst du Akzente in Carbon, Schwarz oder Wagenfarbe setzen – ganz nach Belieben. Selbst bei der Querstrebe unter der Motorhaube kannst du zwischen mattschwarz oder silber wählen. Im Innenraum verwöhnt uns das Auto mit dem Sport- und Komfortpaket, Kontrastnähten in Orange, perforiertem Leder und mit in die Sitzlehnen eingestickten Vantage-Logos.




Euronen und so
Du fragst bei einem Auto dieses Formats nach dem Preis? Wenn du beginnst darüber nachzudenken, ob du ihn dir leisten kannst… vergiss ihn! Dann ist er nichts für dich. Du verdienst es, so ein Kunstwerk besitzen zu dürfen, wenn es dir egal ist, ob er nun zweihundert – oder dreihundert Teuronen kostet. Dann ist es für dich auch gleich gültig, ob 7, 17 oder 27 Liter hochoktaniges Futter auf 100 Kilometer verbrennt. Gleiches gilt selbstredend auch für Versicherung, Steuer, Wartung und Service. Es kostet, was es kostet – und aus.




Fazit des Redakteurs
Auf den Punkt gebracht – der beste Sportwagen für kurvige Landstraßen, den ich bisher fahren durfte. Das Handling, die Kraft, der Sound,… einfach grandios. Eine Fahrmaschine par excellence. Kleine Makel sind keine Schwächen, sondern ehrwürdige Charaktereigenschaften eines Kunstwerks – ‚handbuildt‘ by Aston Martin. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.




In diesem empfehlenswerten Video erfährst du vieles über die Herstellung eines Aston Martin V8 Vantage:
Daten & Fakten des Testfahrzeuges
- Fahrzeug: Aston Martin Vantage V8 Coupé
- Motor: V8-Zylinder Bi-Turbo Benziner als Front-Mittelmotor
- Kraftübertragung: Heckantrieb
- Getriebe: 8-Gang-Automatik von ZF in Transaxle-Bauweise
- Hubraum: 3.982 ccm
- Leistung: 375 kW / 510 PS
- Drehmoment: 685 Nm
- Beschleunigung 0-100 Km/h: 3,6 Sek.
- Höchstgeschwindigkeit: 314 Km/h
- Verbrauch (Norm): 10,3 l/100 Km (kombiniert)
- Verbrauch (Test): ca. 11 l/100 Km
- Länge: 446,5 cm
- Breite: 194,2 cm (ohne Außenspiegel)
- Höhe: 127,3 cm
- Radstand: 270,4 cm
- Leergewicht: 1.530 Kg
- Reifen: Pirelli P Zero 255/40 20 (vorne), 295/35 20 (hinten)
- Preis des Testautos: ca. EUR 225.000,- (Preis in Deutschland; Aston Martin Vantage Coupé Automatik in Österreich ab ca. EUR 190.000,-)
- Konfiguration des Testautos
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Text und Fotos: Andreas Icha